Donnerstag, 26. August 2010

Helfen macht stark

Rainer-Sturm_pixelio.de-PeterVarsek

Die gute Tat – sie hilft nicht nur anderen, sie macht auch den Helfer stärker. Wie jetzt eine Harvard-Studie zeigen konnte, können moralische Handlungen und selbst der Gedanke daran, anderen zu helfen, die mentale Stärke eines Menschen deutlich erhöhen. Der Psychologie-Doktorant Kurt Gray erklärt sich das mit einer Art selbsterfüllenden Prophezeiung:

“People perceive those who do good and evil to have more efficacy, more willpower, and less sensitivity to discomfort. By perceiving themselves as good or evil, people embody these perceptions, actually becoming more capable of physical endurance.”

Damit verkehrt Gray manche Vorstellung von angeborenem Selbstbewusstsein ins Gegenteil. Oder wie er sagt: “Gandhi oder Mutter Teresa sind womöglich gar nicht mit einer außergewöhnlichen Portion Selbstbewusstsein auf die Welt gekommen, sondern haben dies erst gewonnen, weil sie so vehement versucht haben, anderen zu helfen.”

Trackback / Quelle:

http://news.harvard.edu/gazette/story/2010/04/strength-in-naughty-or-nice/

http://karrierebibel.de/psycho-sammelsurium-wie-wirken-moral-fakes-fuse-geld/

(Foto: Pixelio.de – Rainer Sturm; überarbeitet Peter Varsek)

Donnerstag, 19. August 2010

Urteile nie zu schnell – Don´t judge too quickly

Vor kurzem hat jemand in Facebook ein Video gepostet, der es wert ist auch hier gezeigt zu werden. Und zwar geht es in diesem auch humorvollen Video mit seinen fünf Clips darum, dass wir stets dazu neigen zu schnell zu urteilen. Natürlich wurden die Clips ein kleines bisschen auf die Spitze getrieben, doch könnte die ein oder andere Szene jedem von uns passieren.

Das beste Mittel gegen ein zu frühes Urteilen ist immer noch: Fragen, fragen, fragen. Doch nicht immer ist das möglich. Vor einigen Monaten erwischte ich mich selbst, wie ich jemanden doch beurteilte. Ich stand im einem Einkaufscenter mit einem Bekannten in der Schlange vor der Kasse. Vor uns war ein älterer Mann. Vom Äußeren her gesehen hätte er irgendwie mal wieder eine Dusche vertragen können. Seine Haare waren fettig. Seine Kleidung schludderig. Kurzum: Nicht gerade gepflegt. Und auf dem Kassenband hatte er einige Flaschen Bier stehen, sonst nichts. Also gerade das, was meinen ersten Eindruck nur zu bestätigen schien. Ich sagte mir noch, dass ich den Herrn überhaupt nicht kenne, und mir eigentlich kein Urteil bilden dürfte. Nach dem Bezahlen liefen wir dann raus. Da sah ich den Mann von vorhin: Er packte seine Bierflaschen in seinen Jeep, das voll war mit Werkzeugen. Ich konnte mir ein lautes Lachen nicht verkneifen, habe ich mich doch erwischt, mich dem Vor-Urteil nicht wirklich entziehen zu können.

Wir sollten uns immer wieder bewusst machen, dass wir sehr dazu neigen Dinge falsch zu interpretieren und zu beurteilen. Statt einfach zu glauben, dass die Dinge so sind, wie wir sie annehmen, sollten wir uns eher daran gewöhnen, dass wir mal nachhaken. Jetzt ist es aber so, dass uns eher die Angst bremst, dass wir “dumme” Fragen stellen könnten. Oder dass wir mit der Nachfrage erst Recht ins Wespennetz stechen könnten. Allerdings zeigt die Erfahrung dem, der als nachfragt, dass das Nachfragen eine konstruktive Kommunikation überhaupt möglich macht. 

Donnerstag, 5. August 2010

Die Freiheitserfahrung heute im christlichen Glauben

Jump High five

Heute bin ich in Facebook über eine Frage gestoßen, die eine Diskussion losgetreten hat: „Für viele Menschen hat das Christentum kein Gesicht, das zur heutigen Freiheitserfahrung passt. Wie sollen wir denn heute glauben? Was meint Ihr?“ Leider ist die Diskussion etwas vom eigentlichen Thema abgekommen. Doch diese Frage hat mich eine Weile beschäftigt. Interessant fand ich jedenfalls die unterschiedlichen Perspektiven. So ist z.B. bei einer Person vom „Lassen-Können“ statt „Tun-Können“ die Rede. Oder ein anderer schreibt, dass wahre Freiheit die Freiheit für und nicht die Freiheit von ist.

In meinem Umfeld habe ich auch sehr viele Freunde und Bekannte, die mit dem christlichen Glauben nichts am Hut haben. Es kommt immer wieder zu sehr interessanten Gesprächen über den Glauben. Doch noch immer beobachte ich ein entsprechendes Bild über den christlichen Glauben bei ihnen. Nämlich das Bild der Unfreiheit. Plump ausgesprochen: Sie denken, wenn sie zum Glauben kommen, wird ihnen alles verboten, was im Leben Spaß macht. Das beginnt bereits in der Frage nach dem Musikstil. Das geht (natürlich) weiter bei Kino und Video. Und auch beim Kleidungsstil wird nicht Halt gemacht. Das Erschreckende ist, dass selbst am Charakter gegängelt werden könnte.

Haben meine Freunde Recht? Oder bilden sie sich was ein? Sind das nur Ausflüchte, um ja etwas in der Hand zu haben, um sich nicht für Jesus zu entscheiden müssen, sondern neutral bleiben zu können? So wie ich die Dinge sehe, so ist sicherlich etwas von den Ausflüchten dabei. Doch leider haben sie in vielen Punkten auch Recht. Zu oft habe ich selber erleben müssen, wie Menschen, die zum Glauben gefunden haben, plötzlich mehr oder weniger eine Liste von Vorschriften erhalten haben. Und oft genug hatte ich Glaubensgeschwister hören müssen, die mir sagten, dass sie eher durch manche christliche Bücher Mut finden als durch die Bibel. Diese Glaubensgeschwister bewegten und bewegen sich teilweise noch in recht strengen bis gesetzlichen Gemeinden.

Machen wir uns nichts vor, solche Brüder und Schwestern gibt es, die den christlichen Glauben verzerren – und es dabei gut meinen. Die Frage ist vielmehr, ob der christliche Glaube tatsächlich die Freiheit bringt, nach der sich die meisten Menschen sehnen? Kenner der Bibel werden hier automatisch an Galater 5,1 denken, in dem festgehalten wird: “Zur Freiheit hat Christus uns befreit!” Auch wenn diese Aussage primär die Frage “Gesetz und Evangelium” behandelt, geht sie doch weiter – nämlich direkt hinein in das alltägliche Leben. Und tatsächlich berührt der Galaterbrief den tiefsten Punkt, den alle umtreibt (Christen wie Nicht-Christen): sich nicht knechten lassen und sich nicht gefangen nehmen lassen zu müssen. Auch nicht von sich selbst.

So gesehen hat Christus, also Jesus, tatsächlich ein Gesicht, das zur heutigen Freiheitserfahrung passt. Ja, gerade zu unserer heutigen Freiheitserfahrung. Doch das muss nur öfters und besser kommuniziert werden. Das “Bodenpersonal” ist menschlich, nur allzumenschlich, und gibt dem Ganzen das Gesicht des Christentums. Vielmehr gilt eben immer noch: Will ich jemanden kennen lernen, muss ich ihn persönlich kennen lernen. Nicht anders ist es mit Jesus, der uns zur Freiheit befreit hat.

(Foto: Flickr – Lauren Randolph [laurenlemon])

Die Fröschlein in der Sahne

Zwei Frösche

Im letzten Eintrag ging es um Geschichten erzählen in der Beratung. Heute gibt es eine Geschichte, die sehr schön auch in die Beratung eingebaut werden kann. Die Geschichte von den Fröschen in der Sahne.

Es waren einmal zwei Frösche, die fielen in den Sahnetopf.

Sofort dämmerte ihnen, dass sie ertrinken würden: Schwimmen oder sich einfach treiben lassen war in dieser zähen Masse unmöglich. Am Anfang strampelten die Frösche wie wild in der Sahne herum, um an den Topfrand zu gelangen. Aber vergebens, sie kamen nicht vom Fleck und gingen unter. Sie spürten, wie es immer schwieriger würde, an der Oberfläche zu bleiben und Atem zu schöpfen.

Einer von ihnen sprach es aus: "Ich kann nicht mehr. Hier kommen wir nicht raus. In dieser Brühe kann man nicht schwimmen. Und wenn ich sowieso sterben muß, wüßte ich nicht, warum ich mich noch länger abstrampeln sollte. Welchen Sinn kann es schon haben, aus Erschöpfung im Kampf für eine aussichtslose Sache zu sterben?"

Sagte es, ließ das Paddeln sein und ging schneller unter, als man gucken konnte, buchstäblich verschluckt vom dickflüssigen Weiß.

Der andere Frosch, von hartnäckigerer Natur, vielleicht auch nur ein Dickkopf, sagte sich: "Keine Chance. Aussichtslos. Aus diesem Bottich führt kein Weg heraus. Trotzdem werde ich mich dem Tod nicht einfach so ergeben, sondern kämpfen, bis zum letzten Atemzug. Bevor mein letztes Stündlein nicht geschlagen hat, werde ich keine Sekunde herschenken."

Es strampelte weiter und paddelte Stunde um Stunde auf derselben Stelle, ohne vorwärtszukommen.

Und von all dem Strampeln und die Beinchen schwingen, Paddeln und Treten verwandelte sich die Sahne allmählich in Butter.

Überrascht machte der Frosch einen Sprung und gelangte zappelnd an den Rand des Topfes. Von dort aus konnte er fröhlich quakend nach Hause hüpfen.

(Foto: Flickr – Bernd Schüttke [Maharepa])

Montag, 2. August 2010

Komm, ich erzähl Dir eine Geschichte - in der Beratung


Es war Abend, als ich mit einer Bekannten und Ihrem Freund in einem Cafe saß. Das ist jetzt schon einige Jahre her. Wir unterhielten uns über dieses und jenes. Ich weiß nicht mehr genau wie es dazu kam. Ich weiß nur noch, dass ich plötzlich anfing eine Geschichte zu erzählen. Nein, ich erzählte sie nicht einfach so nach, ich lebte sie. Mitten im Cafe. Zu meiner eigenen Überraschung gab ich den Personen eine eigene Stimme. Sprach mal laut, dann mal leise. Machte Gesten, schnitt Grimassen, und selbst meine Blicke setzte ich gezielt ein. Als Erzähler war ich zu der Zeit wirklich nicht geübt. Doch ich setzte unbewusst die Pointe der Geschichte an die richtige Stelle. Ja, ich betonte sie regelrecht richtig. Denn in dem Moment schaute ich meine Bekannte an und sprach den letzten Satz, also die Pointe. Darüber war meine Bekannte so verblüfft, dass sie im Cafe fast schon sehr gut hörbar einen überraschten Laut von sich gab. Ihr Freund gab zwar keinen Laut von sich, aber an seiner Körperhaltung konnte ich sehen, dass er über den Schluss genauso verblüfft war. Ach ja… die Story habe ich aus „Das lustige Taschenbuch“ entnommen… Das lustige Taschenbuch? Ja… Entenedition… Donald Duck… (es befinden sich in manchen Taschenbüchern tatsächlich tiefergehende Geschichten, die man als suchen muss wie nach einer Perle)

Ich fand es immer irgendwie schade, dass in unserer Kultur und Zeit das Erzählen abhanden gekommen ist. Von je her faszinierten mich (gute) Geschichten. Besser, wenn sie gut erzählt worden sind. Später hörte ich immer wieder, dass Geschichten die Eigenschaft haben, dass sie im Gedächtnis haften bleiben. Aus diesem Grund habe ja Jesus auch Geschichten erzählt. Mehr noch, die ganze Bibel besteht aus Erzählungen und nicht, wie wir es sonst eigentlich erwarten dürften, aus Vorschriften und Listen.

Sollte ich sagen, dass ich kurioserweise mich an sehr viele Zeiten erinnere, in denen erzählt wurde? Und auch an sehr viele Geschichten? Eigentlich nicht. Denn kurios ist es eben nicht, dass ich mich noch sehr gut daran erinnern kann, sondern natürlich.

Ich erinnere mich daran, als ich in meiner Schulzeit mit zwei Freunden gemeinsam Geschichten ausdachte und sie erzählte. Jeder „musste“ sich eine Geschichte ausdenken und sie erzählen. Natürlich versuchte jeder die andere Geschichte an Spannung und Fantasie zu toppen. Doch bei all dem gab es nie Gewinner oder Verlierer. Zumindest nicht als Erzähler. Gewinner gab es immer, denn wir hatten heimliche Zuhörer – doch das konnte man ja irgendwie nie wirklich zugeben.

Das Erzählen behielt ich bei, als ich anfing mit Jugendlichen und Erwachsenen zu arbeiten. Ich erzählte sie nicht einfach nach, ich lebte diese Geschichten. Kurioserweise entdeckte ich bei mir, dass das Geschichteerzählen bei Beratungen unterzugehen droht. Warum eigentlich? Sind es doch gerade Geschichten, die sich besser einprägen. Und auch verstehen lassen, was eigentlich los ist bzw. los sein könnte. In Seminaren erzähle ich gerne Geschichten. Das führt stets zu Aha-Momenten oder zu verblüfftem Gelächter. Und was immer wieder für mich überraschend ist: Selbst die wildesten Horden von Jugendlichen bekomme ich zahm, wenn ich Geschichten erzähle. Gleichzeitig bekomme ich gerade von den wildesten Kerlen Rückmeldung, dass diese oder jene Geschichte „wirklich gut war“ (O-Ton).

Und oftmals wurden Geschichten Freunden und Bekannten weitererzählt. Oder ich wurde gefragt wo ich meine Quellen hätte. Auch später noch, als einige Zeit vergangen war, erinnerte man sich an die Geschichten. Ja, sogar nach ein paar Jahren noch.


(Foto: Flickr - Mike Grenville)