Donnerstag, 6. August 2009

Pflegende Angehörige in der (meiner) Demenz Beratung

Ein persönlicher Erfahrungsbericht von Heidrun Mildner

Pflegende Angehörige - Angehörige, die jemanden zu Hause begleiten, betreuen, pflegen. Die das Eheversprechen halten, in guten und in bösen Tagen treu zu sein, „bis der Tod uns scheidet". Die das 4. Gebot halten, Vater und Mutter zu ehren, „auf dass es dir wohl gehe und du lange lebest in dem Land, das dir der Herr, dein Gott, geben wird". Praktizierte Nächstenliebe!?

Die Realität: Es wird gehandhabt, aus Pflichterfüllung oder Selbstverständlichkeit oder anderen Motiven. So jedenfalls scheint es. Wenige machen sich vorher über diese eventuell auf sie zukommende Lebenssituation Gedanken.

Es beginnt irgendwann und irgendwie: „ Ich schaff das schon!" Und dann geht einem plötzlich alles auf die Nerven. Immer wieder dieselbe Frage und dasselbe Verhalten. Alles reden und überzeugen, dass es nicht ist, wie es ist, ist vergebliche Mühe. „ Absicht", „will mich ärgern", „könnte ja noch, will aber nicht", „dieses Chaos in der Wohnung", „lässt sich nicht helfen", „und dann diese Beleidigungen", „diese Beschimpfungen", Aggressionen, „es reicht, so geht es nicht weiter!"

An dem Punkt angekommen, greift man vielleicht zum Hörer und bucht einen Beratungstermin bei mir, nachdem der erste Frust im Telefongespräch schon ausgeschüttet worden ist.

„Mein Angehöriger hat Demenz. Er verlegt alles, lässt sich nicht helfen. Behauptet, das mach ich schon; kauft mehr ein als er braucht; sitzt nur noch herum; fragt 100 mal dasselbe; wird aggressiv, beschuldigt mich oder andre Geld geklaut zu haben".... so oder so ähnlich kommen Angehörige zu mir in die Beratung.

Zuhören, nachfragen, bestätigen, Raum und Zeit zum Abladen geben. „Wes des Herz voll ist, dem läuft der Mund über" (Lukas 6,45). Es geht um den, der nicht bei mir sitzt, den Anderen, der verändert werden soll. Irgendwann im Gespräch kommt die Wende. Dann geht es um mein Gegenüber, um seine Einstellung zur Situation, sich ihr zu stellen. Bereit sein zu lernen mit ihr umzugehen, und die Beziehung zum anderen für sich zu klären. Den persönlichen Einstellungswert zu finden und Erlebniswert zu entdecken. Den schöpferischen Wert in dieser Lebenssituation zu entwickeln – dem ganzen die Basis der Achtung und des Respekts – der Liebe zu geben. Sich selber zu verändern - wenn er will.

Validation und Logotherapie helfen hierbei Wegweisung zu geben. Zunächst heißt es jedoch, mein Gegenüber wahrzunehmen, und ihm empathisch zu begegnen.

„Das will ich mir schreiben in Herz und Sinn, dass ich nicht nur für mich alleine auf Erden bin, dass ich die Liebe von der ich lebe, liebend an andere weiter gebe"!

Heidrun Mildner ist kommissarische Sprecherin der beratenden SeelsorgerInnen im Vorstand der Christlichen Lebensberatung e.V.
Sie ist Lebens-, Sozial- und Validationsberaterin und arbeitet bei den "Herforder Herzen" in der Demenz-Beratungsstelle. Heidrun Mildner kann unter validation@herforderherzen.de erreicht werden.

Donnerstag, 9. Juli 2009

"Was willst Du, das ich Dir tue?"

Den Menschen im Ganzen sehen

Ein persönliches Statement von Bernd Müller

Je mehr ich mit Menschen rede, desto mehr fällt mir auf, dass eine ganzheitliche Betrachtung vom Mensch-sein und seinen Schwierigkeiten gewünscht wird. Erfahren wird aber immer wieder, dass der Mensch in seine einzelnen Bestandteile "zerlegt" wird. Das bedeutet ganz konkret, das bei Schwierigkeiten entweder der Körper angeschaut wird, oder die Seele oder das Glaubensleben. Biblisch jedoch, so wie ich es verstehe, ist es den Menschen immer als ganzes anzusehen. Die Schwierigkeiten mögen im Einzelnen jeweils schwerpunktmäßig in einem der genannten Bereiche liegen, sie sind aber immer im Zusammenhang zu sehen. Das ist mir für die Gespräche und die Arbeit mit Klienten besonders wichtig. Es mag manchmal sein, dass Probleme für einen Therapeuten ganz offensichtlich erscheinen, dennoch kann es sein, dass dem Ratsuchenden im Moment ganz andere Dinge wichtig sind.


Zentral ist da für mich der Abschnitt in der Bibel in Mt.20, 31-33: Zwei Blinde sprechen Jesus an und bitten ihn, das er sich ihrer erbarme. Nun ist es offensichtlich, dass diese beiden blind sind. Da ist es nahe liegend, zu denken, sie möchten gerne sehen können. Im Text verhält es sich dann auch so.

Doch was für mich ganz entscheidend ist, ist wie Jesus auf ihre Bitte nach Erbarmen reagiert. Er fragt sie: "Was wollt ihr das ich für euch tun soll?" Die Entscheidung wie ihnen geholfen werden soll, bleibt bei ihnen. Jesus kommt nicht von oben herab, als großer Lehrmeister für den ja offensichtlich ist, was diese beiden brauchen. Nein, er fragt sie. Stellen Sie sich vor, diese beiden Blinden hätten um etwas zu essen gebeten. Ich persönlich glaube, Jesus hätte dieser Bitte entsprochen. Das ist für mich ein grandioses Beispiel für Respekt und Wertschätzung.
Jesus konzentriert sich nicht auf vermeintlich offensichtliche Dinge, sondern er sieht diese beiden ganzheitlich an und fragt nach ihren Bedürfnissen.

In diesem Sinne verstehe ich Beratung oder Hilfe als etwas, das zuerst den anderen wahrnimmt und ihn dann fragt, was er braucht. Die Antworten können vielfältig sein. Kreatives Mit-Denken ist gefordert, um sich auf die Welt des anderen einzulassen und ihm in seinen Bedürfnissen zu begegnen. Da können dann auch Lösungen zu Stande kommen, die so vielleicht nicht vorhersehbar sind. Lassen Sie sich inspirieren quer zu denken und empathisch mit zu gehen mit Ihrem Gegenüber. Das ist für mich dann ganzheitlich biblisch.

Dienstag, 2. Juni 2009

Dilemma in der christlichen Beratung?!

Wenn Sünde, was dann?

Ein Artikel von Dennis Riehle

Nicht nur beim aktuell oft diskutierten Thema der Homosexualität stellt sich bibeltreuen und geschichtlich-kritischen Theologen die Frage: Ist das wirklich Sünde? So, wie Gott sie auch versteht? Und nicht nur das: Was tun, wenn man einen "Fehltritt" als Sünde "entlarvt" hat?

Gerade auch christliche Berater scheinen hier vor einem Dilemma zu stehen: Kann man einem Klienten zumuten, ihm zu offenbaren, dass das von ihm Geschilderte Sünde ist? Denn auch wenn wir wissen: "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein" (nach Joh 8,7) - wir also alle beladen sind mit Schuld und Pein -, ist es immer wieder schwierig einzugestehen, ein Sünder zu sein.

Verbinden wir doch bis heute mit der Sünde ein Vergehen gegen die Gebote. Und bereits im Alten Testament war klar: "Wenn ein Mann oder Weib irgend eine Sünde wider einen Menschen tut und sich an dem Herrn damit versündigt, so hat die Seele eine Schuld auf sich" (4. Mose 5,6).

Ja, Schuld auf der Seele. Diese tragen wir auch weiter - selbst wenn wir Vergebung erfahren haben. So sieht es zumindest die feministische Theologin Klara Butting, die auf dem Evangelischen Kirchentag in Bremen sprach. Sie führte aus, dass "Gott in der Vergebung zwar die Sünde des Einzelnen beseitige", allerdings, so machte sie deutlich, blieben "die unheilvollen Konsequenzen der Schuld wie etwa Ungerechtigkeiten jedoch bestehen" (idea online berichtete am 23. Mai 2009).

Das sagt noch nichts darüber aus, was Sünde ist - und wann Sünde beginnt. Gehen wir aber nach Interpretationen, die bereits in der Schöpfungsgeschichte ansetzen, so werden wir in der Nachfolge Adams und Evas ohnehin nicht mehr rein werden können. Die "Erbsünde", die uns bis heute das törichte Verhalten nach (Neu-)Gier vorhält, belastet uns dauerhaft. Wir tragen Schuld der ersten Menschen - und können bereits daher mit Sünde leben. Denn was zählt es schon, auf die "Erbsünde" noch die ein oder andere im laufenden Leben aufzusatteln - mag sich jemand fragen, der auch in der von der Kirche heute oft gelebten Sorglosigkeit schwebt. Klara Butting formulierte, es heiße in der christlichen Verkündigung mittlerweile "Bekenne deine Sünde, dann erhältst du Vergebung und alles ist gut".

Und tatsächlich hat die Praxis besonders der katholischen Kirche in der Vergangenheit mit der Schuld des Menschen ihr Unwesen getrieben. "Der Taler im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt" - eine einfache Art, sich von seiner Sünde freizukaufen. Luther brachte hier eine Kehrtwende. Und keinesfalls schloss er sich an, den Menschen von heute für das zu strafen, was im Paradies schief gelaufen war. Nein: er machte uns klar, was wir auch in den Psalmen zu lesen bekommen: "Denn ich erkenne meine Missetat und meine Sünde ist immer vor mir" (Psalm 51,5).

Wenn wir ernsthaft spüren, was unser Vergehen war und dies bereuen, können wir darauf hoffen, die Schwere der Schuld von uns genommen zu bekommen. Die Sünde wird uns begleiten. Aber wir dürfen darauf vertrauen, dass wir von ihr rein gewaschen werden (Psalm 51,4). Das bedeutet nicht, dass wir fortan frei von dem sind, was wir getan haben. Nein, aber wir dürfen wissen, dass einer mit uns die Schuld trägt. Und nach dem Sprichwort "Geteiltes Leid ist halbes Leid" empfinden wir eine deutliche Entlastung. Gott haben wir uns anvertraut. Wir waren mutig, wir sind zu unseren Fehlern gestanden. Das ist die eigentliche Stärke: Es ist wahrlich kein Verdienst, seinen letzten Cent für die Vergebung zu opfern. Aber es spricht von großer Würde, seine Sünde vor sich zu sehen und ihr nicht zu entweichen.

Denn zwischen Hiobs "Ich bin rein, ohne Missetat, unschuldig und habe keine Sünde" (Hiob 33,9) und dem vom evangelischen Theologen Jörg Zink ebenfalls auf dem Kirchentag zurecht kritisierten jahrhundertelange Pauschalisieren des Menschen als "notorischen Übeltäter" (idea spektrum berichtet in Ausgabe 22/2009, S. 18) durch das, was der Sündenfall über uns gebracht haben soll, liegt ein großer Zwischenraum. Ein Zwischenraum, der wirklich menschlich ist.

Und wenn wir uns diesen Spielraum zugestehen, dann ist auch die Frage nach dem "Was ist Sünde?" zweitrangig.

Als Berater müssen wir uns nicht vor der Begrifflichkeit der Sünde verstecken. Wir selbst sind von ihr befangen. Und auch wir müssen sie tragen. Aber wenn wir sie in einem richtigen Maß einordnen, weder als Erblast, noch als automatisch zu vergebendes Anhängsel, dann wird Sünde auch sinnvoll. Sie ermahnt uns, macht uns aber auch Hoffnung auf Annahme durch Gottes - und allein durch seine - Vergebung.

Denn auch nur er allein weiß, was er uns vergeben muss. Seine Richtschnur sind die Gesetze, die er uns vorgegeben hat. Sie sind klar - und sie schützen auch. Nicht alles, was unsere menschlichen Werte als Schuld abtut, ist aus seinem Blick ein Übertritt. Genauso gilt es umgekehrt: Auch wenn wir uns heute um Gebote wie das der Heiligung des Feiertages mit Ausreden und Rechtfertigungen winden, stellen sie doch ein Abwenden von Gottes Plan dar. Hierfür müssen wir uns zwar irdisch nicht verantworten, aber es mit uns selbst ausmachen, wie wir leben möchten. Gott schenkt uns seine Hand, er überträgt uns aber auch reichlich Verantwortung. Ein Ausspielen Gottes, ihn dann zu nutzen, wenn wir ihn brauchen - und uns mit Herabspielungen à la "Wird schon nicht so schlimm sein..." aus seinem Willen zu entziehen, könnte eine der verhängnisvollsten Sünden sein.

Und so kann die Botschaft jedes sündigen Beraters an jeden sündigen Klienten lauten: Verantworte dein Leben, so kannst du es auch vor Gott verantworten. Sünden sind da, aber sie müssen dich nicht schwächen, solange du mit dir selbst und mit deinem Glauben ehrlich umgehst.


(Bild: www.pixelio; SaraC.)

Mittwoch, 27. Mai 2009

Krisenzeit: Ein Prozess wird spürbar

Ein Artikel von Peter Varsek

Ein Mensch kam zu einem Meister und wünschte Heilung. Der Meister fragte ihn: „
Willst du wirklich Heilung?“. Der Mensch wunderte sich über diese Frage: „Wenn ich es nicht wollte, würde ich mir dann die Mühe machen zu kommen?“ „Oh ja, die meisten Menschen tun das.“, antwortete der Meister. „Wozu?“, wollte der Mensch wissen. Der Meister schaute den Menschen an und sagte: „Nicht wegen der Heilung kommen sie, denn sie tut weh. Sie kommen, um Erleichterung zu finden.“ Später erklärte der Meister seinen Schülern das wirkliche Problem: „Menschen wünschen sich Heilung ohne Schmerzen. Das ist das gleiche wie solche Menschen Fortschritt ohne Veränderung wünschen.

In der Beratung bzw. Therapie haben wir es mit Heilung zu tun. Wir wissen, dass Heilung ein Prozess ist, der aber immer mit Schmerzen verbunden ist. Wir wissen auch, dass das dazugehört und es heilsam ist. Geduldig begleiten wir diese Menschen in ihrem Prozess und machen Mut weiterzugehen. Das Ganze ist auch eine Reise, dessen Ankunft sich nie genau vorhersagen lässt. Ebenso wenig wissen wir, wie es anschließend konkret aussehen wird. Zwar haben wir so unsere Vorstellungen und Ahnungen, doch wissen können wir es nicht. Eines wissen wir mit Sicherheit: Es ist nie umsonst.

Zurzeit werden wir täglich in den Medien mit der Finanzkrise auseinander gesetzt. In manchen Blättern herrscht wahre Weltuntergangsstimmung, was nicht wirklich hilfreich ist. Denn es versperrt den Blick auf das Ganze. Bevor wir also zu schnell feststellen wollen, dass wir gerade das Strafgericht Gottes durchmachen, sollen wir uns fragen, ob das nicht einfach ein Wandlungsprozess ist? Ein Prozess, der sicherlich schmerzt. Ertappen wir uns dabei nicht als Patienten bzw. Klienten, die sich eine Abkürzung ohne Schmerzen wünschen?

Die Weltwirtschaftskrise hat m.E. reinigenden Charakter. Das Ganze erinnert hier ein Stückweit an das Jobeljahr, auch Erlassjahr, in 3. Mose 25,10ff. Zwar geht es darin, um die Freilassung der Sklaven und die Rückkehr der Besitztümer an den eigentlichen Eigentümer. Doch im Kern geht es hier um die Herstellung von Verhältnismäßigkeit. Das Jobeljahr fand jeweils nach sieben Sabbatjahren statt. Der Grundgedanke vom Sabbat ist der Ausgleich. Betrifft das Sabbatgebot im Dekalog, den zehn Geboten, quasi den Einzelnen und das unmittelbare Umfeld (Familie, Arbeiter im Haus, und Tiere), so fand im Sabbatjahr eine Ausweitung statt. Nicht allein das Aufhören der Arbeit, so auch der hebräische Begriff
schabbat (vgl. Ex 23,12), stand allein im Vordergrund, sondern auch seine Wiederherstellung. Im wöchentlichen Sabbat und im Sabbatjahr galt die Wiederherstellung der vollständigen Harmonie von Mensch und Natur (vgl. Erich Fromm: Haben oder sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. München ³³2005, 69.), aber auch der eigenen Kräfte und Ressourcen. Im Jobeljahr fand die Wiederherstellung darin statt, dass Schulden erlassen wurden, und Besitz zu ihren eigentlichen Eigentümern zurück kam.

Unsere derzeitige Angst liegt tiefer, als „nur“ eine Krise zu durchleben. Wir erfahren, dass die Schwellenländer wirtschaftlich zunehmend die Nase vorne haben. Begleitet wird der Gedanke von der alten linear-binären Logik: Wenn es dem einen gut geht, muss es dem anderen schlecht gehen. So nach dem Motto, Wohlstand kann immer nur auf Kosten der anderen gehen. Oder auch: Wenn andernorts der Wohlstand gelingt, bedroht sie unseren Wohlstand. Nur wer genauer hinschaut, wird feststellen, dass diese Logik so nicht mehr stimmt. Richtig ist: Schwellenländer haben aufgeholt bzw. sind im Aufholen, und 3. Welt-Länder holen ebenfalls mächtig auf. Wie sonst ist zu erklären, dass Mosambik 2002 nach der Elbe-Flut in Deutschland mit einem Benefizkonzert 300 000 Dollar für hilfsbedürftige Deutsche einbrachte? Ein Land, das sich 20 Jahre lang in einem Kalten-Krieg-Stellvertreterbürgerkrieg befand, das ca. vor zehn Jahren zu Ende ging, und nun im Wirtschaftswachstum immer wieder die 10 %-Marke überschreitet (vgl. Matthias Horx: Anleitung zum Zukunftsoptimismus. Warum die Welt nicht schlechter wird. München 2009, 93.). Damit wird bei genauerer Betrachtung deutlich, dass insgesamt, global, eine Angleichung des Wohlstands statt findet. Und diese Angleichung ist eine Veränderung von Altem. Von Altem, das auf dem Prinzip „auf Kosten der anderen“ baute.

Wir durchleben Veränderungen. Und das schmerzt. Was sich bisher an Strukturen bewährt hatte, bewährt sich heute nicht mehr. Vieles verlagert sich. Vieles verschiebt sich. Hilfreich ist hier anzupacken, und zu helfen, dass andere Möglichkeiten und Chancen sehen und erkennen. Auch und gerade als Berater bzw. Therapeuten. Mit Franklin D. Roosevelt: „
Tu, was du kannst, mit dem, was du hast, und dort wo du bist.“ Oder wenn hier schon ein Politiker zitiert wird: „Gib nie, nie, nie, nie auf.“ (Winston Churchill; übrigens der ganze Inhalt einer seiner Reden).

(Bild: www.pixelio.de, Gerd Altmann)

Donnerstag, 21. Mai 2009

Kommentar zur anhaltenden Auseinandersetzung um den APS-Kongress

Dennis Riehle, der 1. Vorsitzende, hat einen Brief zur anhaltenden Auseinandersetzung um den APS-Kongress in Marburg geschrieben. Das Schreiben wurde auch im Christlichen Informationszentrum (MEDRUM) veröffentlicht. Hier veröffentlichen wir Ihnen das Schreiben auch:

(MEDRUM) Nein, im Orchester sind wir nicht. Und trotzdem hat es etwas mit Instrumentalisieren zu tun, wenn man sich in den vergangenen Wochen ansieht, was aus einem zunächst alltäglich wirkenden Kongressangebot geworden ist. Man braucht auch keine Violine, keine Pauke und keine Flöte, um erkennen zu können: hier wurde instrumentalisiert.

Innerhalb kürzester Zeit war es geschehen. Da wurde aus dem "roten Faden im Leben", den die Veranstaltung in der menschlichen Identität sieht und thematisieren wollte, kurzerhand ein Schlachtfeld aus Meinungsfreiheit, Schwulsein und "Reparativtherapie". Homosexuellen-Verbände, "sexistische Initiativen" und Politiker linker Parteien überboten sich im Kritisieren und Pauschalisieren. Anlass sind einige wenige eingeladene Referenten auf dem Kongress, die in der Vergangenheit durch schwammige Aussagen zur Veränderung der Homosexualität auf sich aufmerksam gemacht haben. Eigentlich stand es gar nicht auf dem Spielplan, bei Identität auch über Ausprägungen unterschiedlicher Sexualität und ihre Wandlungsfähigkeit zu sprechen. Doch die empfindsam-empfindlichen Fühler vieler immer wiederkehrender Lobbyisten, die sich zum Ziel gesetzt haben, der "Homophobie" der "evangelikalen Bewegung" ein Ende zu setzen, tasteten schnell in der von der "Akademie für Psychotherapie und Seelsorge" ausgerichteten Veranstaltung in Marburg ein neues Pulverfass. Nach dem Versuch, das "Christival" als "menschenfeindlich" zu boykottieren, ein neuer Vorstoß, die Provokation an den Anschlag zu bringen.

In die Debatte mischten sich schnell Stadt, Land und engagierte Persönlichkeiten ein - "Freiheit und Selbstbestimmung" proklamierten sie und forderten, dass Meinungsfreiheit in Deutschland geschützt bleiben müsse.
Letztendlich erreicht der APS-Kongress durch die Diskussion einen ungeahnten Stellenwert. Und zweifelsohne muss man feststellen, dass nicht jede Aussage des DIJG oder von "wüstenstrom" eindeutig bewertet werden kann. Einig waren sich aber Veranstalter als auch Kritiker: Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf keiner "Reparatur".

Doch trotzdem bleibt ein Konflikt: Während LSVD und andere Bündnisse am liebsten das kritiklose Annehmen homosexueller Neigungen durch Christen herbei zaubern würden, machen nicht nur Evangelikale darauf aufmerksam, dass für sie jeder Mensch gleichwertig ist. Dass nach konservativ-bindender Bibelauslegung homosexuelles Verhalten dagegen sündhaft sein muss, bringt dagegen die Liberalen auf die Palme. Dabei liegen alle Seiten doch weit weniger auseinander, als man vermuten mag. Gott liebt die Menschen, er hat sie als seine Ebenbilder geschaffen. Das besagt bereits der Schöpfungsbericht und nimmt damit allen Sprengstoff von "Menschenunwürdigkeit" und "Ausgrenzung".

Die überwiegende Mehrheit der evangelikalen Christen trifft sich in dem Standpunkt, wonach Menschen, die mit ihrem sexuellen Empfinden überfordert sind - und hierbei gilt dies nicht nur für homosexuelle Veranlagungen -, eine Anlaufstelle und behutsame Gespräche bedürfen, um sich zunächst einmal des eigenen Willens bewusst zu werden. Ziel einer solchen Beratung kann nie der Wechsel in eine andere Sexualität sein. Diese Anspruchshaltung und oftmals unterstellte Absicht gegenüber christlichen Beratern kann schon alleine deshalb nicht funktionieren, weil uns die Bibel ausdrücklich auch darauf hinweist, dass wir Menschen eigenständig handeln und denken können. Auch das lehrt uns das 1. Buch Mose. Und wer sich daran hält, wird keinem Homo- oder Heterosexuellen zu einem Wandel seiner sexuellen Orientierung verhelfen wollen. Das Annehmen des Selbst und das sich Klarwerden über den Weg, den man gehen, und die Erfüllung, die man erreichen möchte, liegen allein in den Händen jedes Einzelnen. Die begleitende und (durch-)tragende Seelsorge hat viel eher die Aufgabe, diese Eigenreflexion zu stärken.

Und wie jeder Mensch mit einem Lebensproblem heute den Coach aufsucht, um sich aus der Schuldenfalle zu stoßen, so muss einem Menschen, der durch seine Empfindungen und die unerfüllbaren Sehnsüchte leidet, der Zutritt zu christlichem Geleit offen stehen.

Das ist Menschenwürde - und muss im Interesse aller liegen, die sich momentan die Köpfe am Geigenkasten anschlagen.


Sie können die Veröffentlichung bei MEDRUM selber sehen, klicken Sie einfach folgenden Link: MEDRUM: Zur anhaltenden Auseinandersetzung um den Kongress.

(Bild: Screenshot)

Montag, 26. Januar 2009

Wer blickt da noch durch? - Coaching, Beratung, Seelsorge, Therapie

Ein Fachartikel
Von Dennis Riehle


Nicht selten klingelt bei mir das Telefon Sturm, wenn gerade die Wartezeiten der ortsansässigen Psychotherapeuten exorbitant hoch sind. Oftmals verzweifelt rufen Menschen an, die eine Überweisung zu einem Therapeuten bekommen haben, sich aber mit monatelangem Warten abfinden müssen. In der Hoffnung, ihren Schein bei mir einlösen zu können, gilt die erste Frage jedoch trotzdem der Unsicherheit: "Wird Ihre Beratung denn auch von der Kasse bezahlt?".

Dies ist zwar ein Unterschied, mit Sicherheit aber nicht der wesentlichste, wenn sich Psychotherapie und Psychologische Beratung gegenüberstehen. Nur sehr selten kann ich bei Laien feststellen, dass ihnen auch die inhaltichen Differenzen der verschiedenen Methoden zur Lebensgestaltung bekannt sind. Nicht verwunderlich: Denn gerade das Gebiet der Beratung ist nicht nur eine eher moderne Erscheinung, sondern kann sich auch der Bekanntheit unter der breiten Bevölkerung nicht sicher sein.

Psychotherapien, die bis heute im ländlichen Raum stigmatisiert und für Vorurteile genutzt werden, lassen auch dem Feld der Psychologischen Beratung nicht immer einen positiven Beigeschmack übrig. Die Beratung bedarf keiner dringenden klinischen Indikation, um in Anspruch genommen zu werden. Bereits im Feld des Klientels zeigt sich, dass Therapie und Beratung unterschiedlich arbeiten. Werden Psychotherapien in der Regel bei psychischen Krankheitsbildern zurate gezogen, steht die Beratung prinzipiell jedem offen.

Klienten, die sich in eine psychologische Beratung begeben, befinden sich häufig in Lebenskrisen: Sie suchen nach ihrer eigenen Persönlichkeit, fühlen sich ausgepowert und überlastet oder haben nach einschneidenden Erlebnissen den Blick auf das Wesentliche verloren. Während die Psychotherapie auf zwei wesentliche Vorgehensweisen setzt (tiefenpsychologisch-analytisch oder verhaltenstherapeutisch), zählt die Beratung oft zu den Heilweisen, da sie sich neuartiger Formen der Reflexion bedient - wie beispielsweise des NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren) oder des SKT (Soziales Kompetenztraining).

Patienten berichten, dass sie in der Therapie eher den Eindruck gewinnen, auf ein festgesetztes Ziel hinzuarbeiten und dabei von den Therapeuten getragen werden, wogegen sich Klienten in einer Beratung das bloße Ziel der Rückkehr auf sichere Lebenswege durch Richtungsweisungen des Berater selbst erarbeiten.

Nicht selten warten Berater zudem für ihre Klienten mit besonderen Arbeitsweisen auf - angefangen von gestalterischer oder musischer Pointierung bis hin zu Behandlungsformen der Hypnose, der Kognition und Exposition oder der Heilpraktik.

Berater greifen häufig auf ein sehr viel größeres Repertoire zurück und stehen daher allerdings auch in der Kritik: unseriös seien sie und von der Scharlatanerie nur schlecht abzugrenzen, wird spitz formuliert. Die Psychologische Beratung stellt keinesfalls eine Konkurrenz zur Psychotherapie dar, räumt aber mit dem Klischee aus, dass Lebensprobleme nur durch Selbsthilfe bewältigbar wären.

Hingegen stellt das in den USA bereits zur "Weltanschauung" heraufgehobene Coaching nochmals andere Schwerpunkte voran. Böse Sprichwörter sagen, jeder zweite Amerikaner hätte heute bereits seinen eigenen Coach. Und tatsächlich scheint dieser Gedanke nicht allzu abwegig, betrachtet man den Sinn und Zweck dieser besonderen Form von Unterstützung. Coaching, das heute oftmals den Zusatz "Personal" erhält, deutet darauf hin, dass ein Trainer dabei hilft, den persönlichen Rhythmus und Alltagsablauf unter die Lupe zu nehmen und mit den richtigen Tricks und Kniffen nicht nur dem gestressten Manager, sondern auch der alleinerziehenden Mutter wieder Handwerkszeug zur Seite stellt, mit dem Hürden abgebaut und unüberwindbare Hindernisse überwunden werden können. Der Coach als Spiegelbild des Selbst und Katalysator zur Entschleunigung unangenehmer Dynamik.

Und nicht umsonst erhält heute die Seelsorge oder christliche (Lebens-)Beratung immer mehr einen besonderen Stellenwert. Ist doch die Sehnsucht nach Hilfe auf dem Fundament der christlichen Werte stetig gewachsen und verlangt deshalb nach neuen Angeboten neben der bekannten Seelsorge des Gemeindepfarrers. Nebenamtliche Seelsorger, ausgebildete christliche Therapeuten oder pastorale Mitarbeiter leisten Dienste, die von den Hauptamtlichen der Kirchen nicht mehr umfänglich geleistet werden können. Für viele anmutend geschieht dies meist auf der Basis von Entgelt. Doch erhält man dafür auch ein oft umfassendes Sortiment an Beistand, von der stützenden über die beratende bis hin zur durchführenden Seelsorge. Auf der Grundlage biblischen Zuspruchs lassen sich Lebenssituationen mit ganz anderen Botschaften beleuchten und Klienten erfahren Kraft, die sie von allein nicht aufbringen könnten. Im Gespräch erfahren sie nicht nur Gottes Halt, sondern auch die Ermutigung zum Glauben. Das Festhalten am Strohhalm Jesus Christus hat viele Menschen wieder aus dem Loch der Orientierungslosigkeit klettern lassen.

Ob Beratung, Therapie, Seelsorge oder Coaching: in allen Bereichen steht das Wohl des Menschen und seine Zufriedenheit im Mittelpunkt. Hierfür arbeiten alle Tätigen aus diesem Berufszweig kooperativ und ergänzend zusammen.

(Dennis Riehle ist 1. Vorsitzender der Christlichen Lebensberatung e.V., psychologischer Berater, Berater, nebenamtl. Seelsorger, Laienprediger und Gruppenleiter)

(Foto: Pixelio, Rainer Sturm)