Donnerstag, 6. August 2009

Pflegende Angehörige in der (meiner) Demenz Beratung

Ein persönlicher Erfahrungsbericht von Heidrun Mildner

Pflegende Angehörige - Angehörige, die jemanden zu Hause begleiten, betreuen, pflegen. Die das Eheversprechen halten, in guten und in bösen Tagen treu zu sein, „bis der Tod uns scheidet". Die das 4. Gebot halten, Vater und Mutter zu ehren, „auf dass es dir wohl gehe und du lange lebest in dem Land, das dir der Herr, dein Gott, geben wird". Praktizierte Nächstenliebe!?

Die Realität: Es wird gehandhabt, aus Pflichterfüllung oder Selbstverständlichkeit oder anderen Motiven. So jedenfalls scheint es. Wenige machen sich vorher über diese eventuell auf sie zukommende Lebenssituation Gedanken.

Es beginnt irgendwann und irgendwie: „ Ich schaff das schon!" Und dann geht einem plötzlich alles auf die Nerven. Immer wieder dieselbe Frage und dasselbe Verhalten. Alles reden und überzeugen, dass es nicht ist, wie es ist, ist vergebliche Mühe. „ Absicht", „will mich ärgern", „könnte ja noch, will aber nicht", „dieses Chaos in der Wohnung", „lässt sich nicht helfen", „und dann diese Beleidigungen", „diese Beschimpfungen", Aggressionen, „es reicht, so geht es nicht weiter!"

An dem Punkt angekommen, greift man vielleicht zum Hörer und bucht einen Beratungstermin bei mir, nachdem der erste Frust im Telefongespräch schon ausgeschüttet worden ist.

„Mein Angehöriger hat Demenz. Er verlegt alles, lässt sich nicht helfen. Behauptet, das mach ich schon; kauft mehr ein als er braucht; sitzt nur noch herum; fragt 100 mal dasselbe; wird aggressiv, beschuldigt mich oder andre Geld geklaut zu haben".... so oder so ähnlich kommen Angehörige zu mir in die Beratung.

Zuhören, nachfragen, bestätigen, Raum und Zeit zum Abladen geben. „Wes des Herz voll ist, dem läuft der Mund über" (Lukas 6,45). Es geht um den, der nicht bei mir sitzt, den Anderen, der verändert werden soll. Irgendwann im Gespräch kommt die Wende. Dann geht es um mein Gegenüber, um seine Einstellung zur Situation, sich ihr zu stellen. Bereit sein zu lernen mit ihr umzugehen, und die Beziehung zum anderen für sich zu klären. Den persönlichen Einstellungswert zu finden und Erlebniswert zu entdecken. Den schöpferischen Wert in dieser Lebenssituation zu entwickeln – dem ganzen die Basis der Achtung und des Respekts – der Liebe zu geben. Sich selber zu verändern - wenn er will.

Validation und Logotherapie helfen hierbei Wegweisung zu geben. Zunächst heißt es jedoch, mein Gegenüber wahrzunehmen, und ihm empathisch zu begegnen.

„Das will ich mir schreiben in Herz und Sinn, dass ich nicht nur für mich alleine auf Erden bin, dass ich die Liebe von der ich lebe, liebend an andere weiter gebe"!

Heidrun Mildner ist kommissarische Sprecherin der beratenden SeelsorgerInnen im Vorstand der Christlichen Lebensberatung e.V.
Sie ist Lebens-, Sozial- und Validationsberaterin und arbeitet bei den "Herforder Herzen" in der Demenz-Beratungsstelle. Heidrun Mildner kann unter validation@herforderherzen.de erreicht werden.