Donnerstag, 9. Juli 2009

"Was willst Du, das ich Dir tue?"

Den Menschen im Ganzen sehen

Ein persönliches Statement von Bernd Müller

Je mehr ich mit Menschen rede, desto mehr fällt mir auf, dass eine ganzheitliche Betrachtung vom Mensch-sein und seinen Schwierigkeiten gewünscht wird. Erfahren wird aber immer wieder, dass der Mensch in seine einzelnen Bestandteile "zerlegt" wird. Das bedeutet ganz konkret, das bei Schwierigkeiten entweder der Körper angeschaut wird, oder die Seele oder das Glaubensleben. Biblisch jedoch, so wie ich es verstehe, ist es den Menschen immer als ganzes anzusehen. Die Schwierigkeiten mögen im Einzelnen jeweils schwerpunktmäßig in einem der genannten Bereiche liegen, sie sind aber immer im Zusammenhang zu sehen. Das ist mir für die Gespräche und die Arbeit mit Klienten besonders wichtig. Es mag manchmal sein, dass Probleme für einen Therapeuten ganz offensichtlich erscheinen, dennoch kann es sein, dass dem Ratsuchenden im Moment ganz andere Dinge wichtig sind.


Zentral ist da für mich der Abschnitt in der Bibel in Mt.20, 31-33: Zwei Blinde sprechen Jesus an und bitten ihn, das er sich ihrer erbarme. Nun ist es offensichtlich, dass diese beiden blind sind. Da ist es nahe liegend, zu denken, sie möchten gerne sehen können. Im Text verhält es sich dann auch so.

Doch was für mich ganz entscheidend ist, ist wie Jesus auf ihre Bitte nach Erbarmen reagiert. Er fragt sie: "Was wollt ihr das ich für euch tun soll?" Die Entscheidung wie ihnen geholfen werden soll, bleibt bei ihnen. Jesus kommt nicht von oben herab, als großer Lehrmeister für den ja offensichtlich ist, was diese beiden brauchen. Nein, er fragt sie. Stellen Sie sich vor, diese beiden Blinden hätten um etwas zu essen gebeten. Ich persönlich glaube, Jesus hätte dieser Bitte entsprochen. Das ist für mich ein grandioses Beispiel für Respekt und Wertschätzung.
Jesus konzentriert sich nicht auf vermeintlich offensichtliche Dinge, sondern er sieht diese beiden ganzheitlich an und fragt nach ihren Bedürfnissen.

In diesem Sinne verstehe ich Beratung oder Hilfe als etwas, das zuerst den anderen wahrnimmt und ihn dann fragt, was er braucht. Die Antworten können vielfältig sein. Kreatives Mit-Denken ist gefordert, um sich auf die Welt des anderen einzulassen und ihm in seinen Bedürfnissen zu begegnen. Da können dann auch Lösungen zu Stande kommen, die so vielleicht nicht vorhersehbar sind. Lassen Sie sich inspirieren quer zu denken und empathisch mit zu gehen mit Ihrem Gegenüber. Das ist für mich dann ganzheitlich biblisch.